Zur Lithographie von Moritz Retzsch

Der Festzug aus der königl. Hoflößnitz nach der Weintraube beim Winzerfest der Weinbau-Gesellschaft am 25.0ktober 1840

Die Motive und Kostüme des Festzuges entlehnen sich aus den Aufzeichnungen, den Bildern und dem Kostümfundus in der Rüstkammer und der Bildergalerie der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Moritz Retzsch war als Professor der Dresdner Kunstakademie natürlich mit diesen Objekten vertraut und kannte auch deren historische Vorbilder. Außerdem verfolgte und las er als humanistisch gebildeter Gelehrter wahrscheinlich auch die neusten Schriften und betrachtete Bilder über die Ausgrabungen in Pompeji und kannte die Veröffentlichungen der fortschrittlichen Kunstkritiker des 19. Jahrhunderts. Vorbild für die allegorischen Gruppen, mythologischen Gestalten waren die Feste und Umzüge am Dresdener Hof, im Schloss Pillnitz bzw. der Hoflößnitz.

Bild 1, Winzer als Constabler
Constabler (Konstabler) stammt vom Mittellateinischen constabularius = Stallgenosse, Kamerad

Bild 2, der Herbst
Ursprünglich bedeutete der Begriff Herbst „Zeit der Früchte“, „Zeit des Pflückens“, „Erntezeit“. Diese landwirtschaftliche Bedeutung blieb im Englischen erhalten, während sie sich im Deutschen zur allgemeinen Bezeichnung der Jahreszeit verschob. Im südwestdeutschen Dialekt lebt die ursprüngliche Wortbedeutung als Dialekt- bzw. Fachausdruck für die (Wein)lese fort: diese Tätigkeit wird dort verbreitet mit “herbsten” bezeichnet.

Bild 3, Bacchanten
Ein Bakchant bzw. eine Bakchantin ist ein Teilnehmer einer Kultfeier (Orgie) des Dionysos, der von der Gottheit ergriffen zu rasen beginnt. Die Attribute des Bakchanten, die sich auch in den bildlichen Darstellungen regelmäßig finden, sind die Bekleidung mit einem Hirschkalbfell und vor allem der Thyrsosstab. In späteren Jahrhunderten wurden Bacchanten zum Synonym für Betrunkene und enthemmt feiernde Menschen, speziell jedoch für Weintrinker. Thyrsosstab = eine Lanze, deren Spitze ein voluminöser Pinienzapfen bildet und deren Schaft Efeu umrankt.

Bild 4, Begleiter des Bacchus
Silen aus dem lateinischen Silenus ist in der griechischen Mythologie ein Dämon im Gefolge des Dionysos (=Bacchus). Sie gehören zu den Mischwesen der griechischen Mythologie. Sind wollüstige Wesen von kräftiger, ungeschlachter Gestalt, mit struppigem Haar, stumpfer, aufgeworfener Nase, zugespitzten Ohren, einem Ziegenschwänzchen oder kleinen Pferdeschweif und Hufen. Ihrem Wesen nach sind sie die Repräsentanten des üppigen und ausgelassenen Naturlebens, die rohere Seite dessen, was bei Dionysos veredelt und verklärt erscheint.

Bild 5, Bacchus und Faunen
Bacchus war die römische Entsprechung des griechischen Gottes Dionysos, des Gotts des Weines und der Vegetation. Denn er entdeckte auf seiner Reise durch die Welt den Wein und wird als Personifikation des Weines in all seinen Zuständen und Wirkungen im Volksmund gesehen. In Rom wurden ihm zu Ehren die Bacchanalien gefeiert. Dies waren mit Weingenuss verbundene Feste, deren Teilnehmer die Bacchanten waren. Faunen = Faunus, auch als Wolfsgott bekannt, ist der altitalische Gott der freien Natur, der Beschützer der Bauern und Hirten, ihres Viehs und ihrer Äcker. Faunus sorgt für die Fruchtbarkeit von Mensch und Tier, erschreckt die Menschen in Haus und Wald, auch durch böse Träume, und erscheint oftmals nicht als ein einzelnes Wesen, sondern als große Zahl von Faunen. Später wurde Faunus als ein dem Silen ähnliches Fabelwesen aus der griechischen Mythologie dargestellt („Faun“ kann daher auch gleichbedeutend mit „Satyr“ verwendet werden); ein Schalmei oder Flöte spielender, gehörnter Waldgeist, ein Mischwesen, halb Mensch, halb Ziege, meist dargestellt mit menschlichem Oberkörper und Bocksfüßen und Schwanz. Faune sollen über Getreidefelder wachen und deren Wachstum begünstigen.

Bild 6, Musikanten
Ein Musikant ist ein Musizierender, welcher zu bestimmten Gelegenheiten für musikalische Unterhaltung sorgte. Ursprünglich konnte ein Musikant zahlreiche Instrumente spielen, um immer passend zum Anlass etwas einsetzen zu können, da er stets einzeln auftrat. Seit Mitte des 15. Jahrhunderts fanden sich dann Gruppen zusammen, die bei Feierlichkeiten passende Ensembles zusammen stellten und passende Instrumente einsetzten. Bei lauter, meist bei festlichen bzw. repräsentativen Anlässen gespielte Musik, war vornehmlich mit Trompeten, Posaunen, Schlagwerk und Flöten besetzt.

Bild 7, Fahnenträger und Frauen
Ursprünglich wurde die Fahne für den Krieg als Orientierungspunkt entwickelt. Heute dient sie zur Kennzeichnung von Gemeinschaften, so dass fast jede Ortschaft, jeder Verein etc. eine eigene haben. Der Fahnenträger hatte somit eine ehr volle Aufgabe, denn er durfte das wichtigste Symbol der Gemeinschaft an erster Stelle des Zuges tragen.

Bild 8, Amor auf dem Fass
Amor ist in der römischen Mythologie der Gott der Liebe (genauer: des Sichverliebens) und wird als halbwüchsiger Knabe nicht ohne schalkhafte Bosheit aufgefasst, der mit seinen Pfeilen ins Herz trifft und dadurch die Liebe erweckt. Widerstehen kann man ihm nicht: Amor vincit omnia („Amor besiegt alles“). Aussage: Wein macht gesellig, beflügelt die Sinne …

Bild 9, Fabrikation moussierender Weine (= Sektherstellung)
Unter moussieren (frz. mousse = Schaum) versteht man das Aufsteigen von Kohlensäurebläschen (Perlen) und die Schaumbildung bei Getränken. Historisch gesehen konnte das Phänomen bei allen kohlensäurehaltigen Getränken so bezeichnet werden. Heute wird der Begriff vorwiegend für Weißweine mit geringem Kohlesäuregehalt und Sekt verwendet (“Der Wein moussiert”).

Bild 10, Böttcher
Bezeichnung Böttcher stammt von Bottich. Der ursprüngliche handwerkliche Beruf, welcher das Herstellen von Gefäßen, meist aus Holz, beinhaltete, hieß Küfer. Hergestellt werden in dem Beruf Gefäße aus Dauben, speziell geformten Holzstücken, die mit hölzernen oder eisernen Reifen zusammengehalten werden. Diese Technik war bereits im 1. Jh. v. Chr. in Gallien bekannt. In der römischen Kaiserzeit verschickte man nordgallischen und pannonischen Wein überwiegend in Holzfässern. Ein Spezialwerkzeug des Böttchers war der Bandhaken, mit dem Fassreifen über die Dauben gezogen wurden.

Bild 11, Winzermeister Sachsens
Johann Paul Knohll (um 1628 geb.) war ein kursächsischer Weinfachmann sowie Amts-, Bau- und Weinbergsschreiber. 1661 bis 1672 war er Bau- und Bergschreiber in den kurfürstlichen Weinbergen der Lößnitz mit Sitz in der Hoflößnitz. Neben seiner Arbeit, der Aufsicht über die Hoflößnitz sowie der Instandhaltung derselben, schrieb er 1667 mit seinem Werk Klein Vinicultur-Büchlein. In dem Werk wird nicht nur der Kanon der 24 feststehenden Regeln von vorgeschriebenen Weinbergsarbeiten in den kurfürstlichen Bergen ausführlich erläutert, sondern diese werden ergänzt mit eigenen Erfahrungen. Dies machte es bis in das 19. Jahrhundert zum Standardwerk sächsischer Winzerei. Der Bergvogt war der Verwaltungsbeamte im Weinbau. Durch die verschiedenen Weinberge von verschiedenen Besitzern gab es hier mehrere Vögte. Als Pritschenmeister wurde und wird eine Art Zeremonienmeister und Ordner bei geselligen Zusammenkünften bezeichnet. Sein Requisit ist eine Pritsche, ein langes flaches Holz, mit dem er diejenigen, die gegen die Regeln verstoßen, nicht wirklich, sondern nur scheinbar züchtigen darf.

Bild 12, Winzer und Winzerinnen
Der Begriff Winzer stammt aus dem Lateinischem vinitor (Weinbauer / Weinleser). Seine Aufgabe ist es die Weinrebe zu pflegen und kultivieren, die Trauben zu ernten und anschließend daraus Wein zu erzeugen.

Bild 13, Kalebstraube
Die Kalebstraube hat ihren Ursprung in der Bibel. In dieser wird geschildert, wie die Kundschafter Josua und Kaleb aus dem Gelobten Land eine riesige Weintraube heim tragen. Im 4. Buch Mose Kapitel 13 und 14 wird die Geschichte der Kundschafter erzählt. Hier eine Kurzversion: Mose führte sein Volk aus der ägyptischen Gefangenschaft heim in das gelobte Land seiner Väter. Auf diesem Weg lagerten die Israeliten in der „Wüste Paran“. Von dort sandte Mose 12 Männer „von jedem Stamm ihrer Väter je einen“ aus, um das Land zu erkunden. Darunter befanden sich Josua „der Sohn Nuns, vom Stamme der Ephraim“ und Kaleb „der Sohn Jefunnes, vom Stamme Juda“. Als sie nach 40 Tagen zurückkehrten, brachten Josua und Kaleb „eine Rebe mit einer Weintraube und trugen sie zu zweien auf einer Stange“ und berichteten von einem Land, in dem „Milch und Honig fließen“. So steht die alttestamentliche Geschichte der beiden Kundschafter Josua und Kaleb für die unerschütterliche Treue gegen Gott, aber auch die Einhaltung des Versprechens, das Gott seinem Volk gegeben hat. Die Traube ist Sinnbild für den Reichtum, die Fülle und das Leben, das diejenigen erwartet, die sich dem Willen des Herrn ohne Vorbehalt unterwerfen.

Bild 14, Weinbergsmeister
Den Begriff Weinbergsmeister gibt es heute nicht mehr, man findet dazu auch keinerlei Schriftstücke die dessen Aufgaben beschreiben. Es wird jedoch vermutet das diese eine Art Aufsichts- bzw. Vorgesetztenrolle für die Winzer hatten. Sie steuerten also die Arbeiten und Aufgaben in den Weinbergen und verteilten diese an die zugehörigen Winzer.

Bild 15, Harlekin
Charakteristisches Kleidungsstück des Harlekin ist sein mit Flicken übersätes Kostüm gewöhnlich in den Farben rot, gelb und blau, das seine Armut ausdrücken soll. Eine schwarze Augenmaske verbirgt das Gesicht des Harlekins. Auf seinem Kopf trägt er eine Kappe, die noch im 16. Jahrhundert, also in der Entstehungsphase des Harlekin, von einer Hahnenfeder, später aber meist von einem Fuchs- oder Kaninchenschwanz geziert wurde. Beinkleid wie Jacke oder Joppe sind eng anliegend, der Gürtel weit unter dem Bauchnabel. Am Gürtel trägt der Harlekin stets ein Brettchen oder ein Holzschwert, „batte“ genannt. Manchmal führt er einen Lederbeutel für die Dukaten mit sich, die er mit List erbeutet. Der Harlekin besitzt eine agile und flexible Natur. So ist er niemals still, geruhsam oder träge, sondern meist von ausgelassener Lustigkeit. Auch wenn er gelegentlich ungehobelt wirkt, ist er nicht dumm, sondern in Wahrheit geistreich und schlagfertig. Ebenfalls individuelle Eigenschaften des Harlekin sind sein ständiger Hunger, Durst und sein „sexueller Appetit“, d. h., dass er eine gewisse Vorliebe für Erotik und weniger Interesse an einer festen Bindung hat. Sein sprunghaftes Wesen kommt in seinen akrobatischen Künsten zum Vorschein, wenn er Sprünge vollführt oder Purzelbäume schlägt. Er kommt nie zur Ruhe und ist immer „auf dem Sprung“. Große oder erfolgreiche Harlekine müssen aber in ihrer komödiantischen Ausgestaltung nicht sehr vielseitig sein, meist haben sie ein eher einfaches Grundkonzept − ihre Gags müssen einfach nur wie frisch ersonnen wirken.

Bild 16, Das Volk
Der Begriff Volk diente ursprünglich als Bezeichnung für Menschenmenge. Das Volk ist die Grundlage eines funktionierenden Staates.